Die USA sind längst nicht mehr bekannt für ihre Züge, seit diese als wesentlichstes Verkehrsmittel die Ostküste mit dem neu erschlossenen Westen verbanden. Mit halb so vielen Angestellten wie die ÖBB und nicht einmal 10% des jährlichen Fahrgastaufkommens ist die Schiene für viele nicht das Transportmittel Nummer 1. Dabei bieten gerade die Langstrecken atemberaubende Aussichten, entspanntes Reisen und Gegenden fernab der Highways.
Ein Gastbeitrag von Gregor
Ich liebe es, mit dem Nachzug zu fahren. Das Gefühl, in einer ganz anderen Stadt aufzuwachen. Das langsame Einfahren in gerade aufwachenden Metropolen. Das Frühstück auf Schiene. Einfach die beste Art zu Reisen. Nachdem ich von Wien aus schon so ziemlich alle Nachtzüge genommen habe, die es mit der ÖBB gibt (nur Mailand fehlt mir noch), war mir klar, dass ich auch auf Reisen in anderen Ländern meine Augen nach Nachtzügen offen halten werde.
So geschehen bei meiner Reise durch die USA, wo ich mit Amtrak von San Francisco/Oakland im sonnigen Kalifornien bis nach Portland, Oregon fahren konnte. 540 Meilen, also fast 900 Kilometer schlängelt sich die Zugstrecke durch viele geschützte Wälder nach Norden. Für diese Distanz braucht der Zug gut 17 Stunden. Dabei wäre die gesamte Zugstrecke noch deutlich länger, fährt doch der „Coastal Starlight“ von San Diego an der mexikanischen Grenze im Süden bis nach Vancouver in Kanada, die gesamte US-Amerikanische Westküste hinauf. Für die gesamte Strecke benötigt der Zug 35 Stunden, eine Nacht und fast zwei Tage.
Reisen nach Wahl
Für die Zugfahrt stehen neben klassischen Sitzplätzen in zwei Klassen (Coach und Business) auch Schlafabteile mit zwei Betten (übereinander), vier Betten und in der Luxusvariante zwei Betten plus eigenes Badezimmer zur Verfügung. Für die Betten werden dabei jeweils zwei Sitze zusammengeschoben und zusätzlich mit einer dünnen Matratze belegt. Gebucht werden können dabei immer nur ganze Abteile, nicht einzelne Betten. Ebenfalls anders als im Nightjet der ÖBB sind die Betten in Fahrtrichtung ausgerichtet und die Zwei-Bett Abteile befinden sich links und rechts vom Gang des Zuges. Sie sind daher auch sehr klein, bei geschlossener Tür ist das Aufstehen so gut wie unmöglich. Auch gibt es keine Ablagefläche für Gepäck. Amtrak kompensiert das jedoch mit der Möglichkeit wie beim Fliegen Gepäck aufzugeben und am Zielbahnhof wieder abzuholen. Außerdem sind sämtliche Waggons des Coastal Starlight zweistöckig.
Gut verköstigt reist es sich leichter
Eine weitere Besonderheit der amerikanischen Züge: im Preis für Kabinen inkludiert sind die Mahlzeiten, die zeitlich in die Zugreise fallen. Je nachdem, wann die Reise losgeht sind also das Frühstück, Mittag- und Abendessen inbegriffen. Dazu wird per Durchsage in Gruppen in den Speisewagen gebeten, der gegen Aufpreis auch den Personen auf Sitzplätzen offen stehen. Zwischen den Mahlzeiten steht zusätzlich ein Café zur Verfügung. Auch besonders ist der Lounge-Wagen für die Gäste in den Schlafwägen, mit denen die kleinen Abteile während des Tages ausgeglichen werden. Dort stehen bequeme, große Sitze und deutlich vergrößerte Fenster für bessere Aussicht bereit. Leider eingestellt wurde im vergangenen Jahr der 1956 für diese Strecke entworfene Sonderwaggon, der „Pacific Parlor Car“, der mit einem kleinen Kino, einer Bar, einer Bücherei und Brettspielen ausgestattet war.
Teuer, aber nicht unleistbar
Preislich gesehen ist der Coastal Starlight Express doch deutlich über dem Angebot der ÖBB angesetzt und variiert je nach Jahreszeit, Buchungszeitraum und Personengruppe (Kinder, Jugendliche, Militär, SeniorInnen bekommen Ermäßigungen). Mein Ticket für gut 17 Stunden mit Bett und zwei Mahlzeiten kostete, dank Nebensaison und frühem Buchen etwa 150 €. Dafür gibt es auch Gepäckaufgabe, Speisen und für Alle, die Glück haben, Aussicht aus dem oberen Stockwerk des Zuges. Außerdem spart man sich eine Nacht im Hotel. Ich kann also nur dazu raten, auch in den USA bei Gelegenheit die Amtrak Nachtzüge auszuprobieren, die etwa auch auf den Super-Langstrecken Chicago – San Francisco, Los Angeles – New Orleans und New York – Miami verkehren. Und wer nicht so lange warten kann, kann ja mal im Nightjet Probeliegen.
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