Eine eigene Ausstellung widmet sich dem schwärzesten Kapitel der österreichischen Eisenbahn – der NS-Zeit.
Obwohl die Bahn in der Zeit des Nationalsozialismus eine zentrale Rolle spielte, blieb sie in der Geschichtsschreibung der Österreichischen Bundesbahnen bisher so gut wie unerforscht und ausgeblendet. Die ÖBB nahmen dies zum Anlass, sich im Jubiläumsjahr „175 Jahre Eisenbahn für Österreich“ gesondert dieses Themas anzunehmen. Eine Ausstellung unter dem Titel „Verdrängte Jahre – Eisenbahn und Nationalsozialismus in Österreich 1938 – 1945“ im Foyer der ÖBB Infrastruktur am Praterstern soll diese Zeit beleuchten. „Das ist der dunkelste Abschnitt unserer Unternehmensgeschichte. Wir sind dazu verpflichtet zu gedenken und möchten mit dieser Dokumentation einen weiteren Beitrag zur historischen Aufarbeitung leisten“, betonte ÖBB-Chef Christian bei der Eröffnung der Ausstellung. „So unfassbar uns diese Ereignisse heute erscheinen, so klar müssen wir als ÖBB diese Zeit als Teil unserer Geschichte akzeptieren“, hielt der ÖBB-Chef fest.
„Die Verbrechen des Nationalsozialismus sind beispiellos. Vergleiche zwischen der NS-Zeit und aktuellen Ereignissen zu ziehen wäre eine schreckliche Verharmlosung. Aber nur eine aufrichtige, umfassende Auseinandersetzung mit dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte kann uns davor schützen, dass neues Unrecht wachsen und an Boden gewinnen kann“, so Verkehrsministerin Doris Bures. Die Ministerin würdigte, dass die ÖBB-Lehrlinge bei der Erarbeitung dieser Ausstellung „eine wichtige Aufgabe übernommen und in berührenden Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen ihre Sensibilität, ihr Interesse und ihr Engagement” bewiesen hätten.
Züge in den Tod
Die Österreichischen Bundesbahnen wurden 1938 sofort in die Deutsche Reichsbahn integriert. Ohne Bahn als Transportmittel wäre die Kriegslogistik der Deutschen Wehrmacht nicht machbar gewesen Und ohne der logistischen Kapazität der Bahn wäre der systematische Mord an den europäischen Jüdinnen und Juden, an Sinti und Roma, die Deportation von Sloweninnen und Slowenen, von Homosexuellen, Zeuginnen und Zeugen Jehovas und politisch Andersdenkenden nicht möglich gewesen. Drei Millionen Menschen aus fast ganz Europa wurden im Zweiten Weltkrieg mit Zügen in die Vernichtungs- und Tötungslager des NS-Regimes transportiert. Die Deutsche Reichsbahn war durch die Deportation zahlloser Menschen unmittelbar am Holocaust beteiligt und mit ihr auch die ehemals österreichischen Bahnbediensteten, die nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945 Bedienstete der Deutschen Reichsbahn waren.
Eisenbahner im Widerstand
Die nationalsozialistischen Machthaber versuchten von März 1938 an die Eisenbahner an ihr Regime zu binden. Eisenbahner hatten strengere Regeln als Berufsbeamte zu befolgen, mussten „jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat eintreten“ und sie wurden flächendeckend einer politischen Untersuchung und Überwachung unterzogen. Dennoch waren Eisenbahnerinnen und Eisenbahner maßgeblich am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt. So berichtet das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) 1941 über den Widerstand bei der Bahn, dass im Vergleich zum „Altreich…. die Ostmark seit Ausbruch des Krieges 1939 in sabotagepolizeilicher Hinsicht eine größere Rolle spielte, da hier die fremdländischen Nachrichtendienste und die inländischen Gegnergruppen es bereits früher verstanden hatten, Sabotageorganisationen aufzubauen, ….“. 154 Eisenbahner wurden wegen Ihres Widerstandes zum Tode verurteilt und hingerichtet, 135 starben in Konzentrationslagen oder Zuchthäusern, 1438 wurden zu KZ- oder Zuchthausstrafen verurteilt.
Nach der erfolgreichen Themenausstellung in Wien wurde “Verdrängte Jahre” 2013 auch in einigen Bundesländern gezeigt.
Themenausstellung: “Verdrängte Jahre” in Linz
30.04. – 07.06.2013: Montag bis Freitag von 8:00 bis 18:00 (außer an Feiertagen)
Wissensturm Linz
4020 Linz, Kärntnerstraße 26
Themenausstellung: “Verdrängte Jahre” in Salzburg
18.06. – 23.08.2013
Lokschuppen der ÖBB-Produktion
5020 Salzburg, Bahnhofstraße 2
Themenausstellung: “Verdrängte Jahre” in Graz
03.09. – 18.11.2013
GrazMuseum
8010 Graz, Sackstraße 18
Nähere Informationen zur Ausstellung unter E-Mail: verdraengte.jahre@oebb.at.