Rund um die Beschaffung unserer neuen Uniformen gibt es leider teils nebulose Unterstellungen und falschen Behauptungen, die wir hier richtigstellen.
Einige Grundsätze vorweg:
Wir sind der erste europäische Bahnbetreiber, der den Einkauf von Uniform-, Dienst- und Arbeitsbekleidung vollständig nach strengen Nachhaltigkeitskriterien umsetzt. Grundsätzlich legen wir bei allen Beschaffungen darauf Wert, dass die derzeit höchsten Umweltsiegel umgesetzt und eingehalten werden, so auch bei den neuen Uniformen. Die neue Dienstbekleidung wurde nach bluesign-Standard produziert, der auf folgenden fünf wichtigen Prinzipien der Nachhaltigkeit basiert:
- Geringer Ressourcenverbrauch
- Vermeidung von Immissionen und Gewässerbelastungen
- Gewährleistung der Arbeitssicherheit
- Unterbindung von Ausbeutung der MitarbeiterInnen
- Sicherstellung der Schadstofffreiheit der Textilien
Produziert wurden die neuen Uniformen nach dem europäischen Verhaltenskodex BSCI, um eine ethische, sozialverträgliche Lieferkette zu gewährleisten. Der Kodex beruht auf internationalen Verträgen zum Schutz von Arbeitnehmerrechten. Um sicherzustellen, dass alle zertifizierten Unternehmen den BSCI-Verhaltenskodex in ihrer gesamten Lieferkette umsetzen, wird die Erfüllung der strengen Anforderungen durch regelmäßige Inspektionen durch neutrale Auditoren kontrolliert.
Und noch eines vorweg: es handelt sich bei der Neuausstattung unserer MitarbeiterInnen mit Dienstbekleidung nicht um einen Beschaffungsvorgang, sondern um insgesamt acht getrennte, an den jeweiligen Bieterkreis angepasste Vergabeverfahren. Insgesamt wurden im Rahmen der Auschreibung 51 qualifizierte Unternehmen zur Angebotslegung eingeladen, wovon letztendlich 22 ein Erstangebot gelegt haben.
Die Zuschlagsentscheidungen ergaben sich aus den in den einzelnen Ausschreibungen festgelegten Zuschlagskriterien (40% Preis, 60% Qualität), wobei die Qualität der neutralisierten Muster durch eine Fachjury bewertet wurde.
Der gesamte Vergabeprozess wurde von unserer Compliance-Abteilung begleitet, sämtliche Angebotseröffnungen und die Zuschlagsprozesse von selbiger beobachtet. Dabei wurden seitens der ÖBB-Compliance keine Anomalien festgestellt. Zudem wurde keines der acht Vergabeverfahren vom – bis 31. 12. 2014 zuständigen – Bundesvergabeamt beinsprucht.
Zu den Fragen der aktuellen parlamentarischen Anfrage von NRAbg. Dr. Gabriele Moser.
1) Wie waren der konkrete zeitliche Ablauf und die konkrete vergaberechtliche Gestaltungdes in der Begründung umrissenen Auftrags 2013/14 für ÖBB-Dienstbekleidung?
Zum umrissenen Auftrag wurden folgende 8 Vergabeverfahren durchgeführt:
- Uniformparkas:
Verteilung der Ausschreibung: 5.3.2014
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung: 7.7.2014
7 qualifizierte Unternehmen zur Ausschreibung eingeladen; 3 Erstangebote eingereicht - Uniformhemden- und blusen:
Verteilung der Ausschreibung: 3.3.2014
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung: 24.6.2014
9 qualifizierte Unternehmen zur Ausschreibung eingeladen; 4 Erstangebote eingereicht - Uniformoberbekleidung:
Verteilung der Ausschreibung: 13.2.2014
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung: 24.6.2014
9 qualifizierte Unternehmen zur Ausschreibung eingeladen; 6 Erstangebote eingereicht - Uniform Krawatten und Tücher:
Verteilung der Ausschreibung: 23.6.2014
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung: 17.9.2014
5 qualifizierte Unternehmen zur Ausschreibung eingeladen; 2 Erstangebote eingereicht - Uniform Gürtel:
Verteilung der Ausschreibung: 24.6.2014
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung: 17.9.2014;
5 qualifizierte Unternehmen zur Ausschreibung eingeladen; 2 Erstangebote eingereicht - Uniform Strickjacken:
Verteilung der Ausschreibung: 23.6.2014
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung: 17.9.2014
6 qualifizierte Unternehmen zur Ausschreibung eingeladen; 3 Erstangebote eingereicht - Uniform Handschuhe:
Verteilung der Ausschreibung: 26.6.2014
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung: 15.9.2014
5 qualifizierte Unternehmen zur Ausschreibung eingeladen; 1 Erstangebot eingereicht - Uniform Mützen und Winterschals:
Verteilung der Ausschreibung: 8.7.2014
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung: 5.11.2014
5 qualifizierte Unternehmen zur Ausschreibung eingeladen; 1 Erstangebot eingereicht
Die Vergabeverfahren wurden jeweils als Verhandlungsverfahren im Rahmen eines Prüfsystems durchgeführt. Das diesbezügliche EU-weite Prüfsystem wurde entsprechend verlautbart: http://ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:366857-2013:TEXT:DE:HTML&src=0
2) Welche Referenzen und Mindestanforderungen wurden dabei verlangt?
Die beizubringenden Mindestanforderungen, Referenzen und Anforderungen können dem beiliegenden Forderungskatalog des Prüfsystems entnommen werden. (Siehe Antwort 1)
3) Welches Unternehmen hat diesen Auftrag erhalten?
- Uniformparkas: ITL Intelligent Textile Logistics GmbH
- Uniformhemden- und Blusen; GCL GmbH
- Uniformoberbekleidung; GCL GmbH
- Uniform Krawatten und Tücher: alpi Krawattenmode GmbH
- Uniform Gürtel: alpi Krawattenmode GmbH
- Uniform Strickjacken: Majuco GmbH
- Uniform Handschuhe: ESKA Lederhandschuhfabrik Ges.m.b.H & Co. KG
- Uniform Mützen und Winterschals: alpi Krawattenmode GmbH
4) Seit wann existiert dieses Unternehmen?
- GCL GmbH: 2011
- alpi Krawattenmode GmbH: 2003
- ESKA Lederhandschuhfabrik Ges.m.b.H & Co. KG: 1912
- ITL Intelligent Textile Logistics GmbH: 1995
- Majuco GmbH: 2013
5) Welche Referenzen und Mindestanforderungen konnte dieses Unternehmen vorweisen?
Es liegen Referenzen vor, die jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen ohne Zustimmung der betroffenen Unternehmen nicht veröffentlicht werden können. Die Referenzen wurden durch den ÖBB Konzerneinkauf überprüft und haben keinerlei Zweifel an der Eignung der ausgewählten Unternehmen gelassen.
6) Um welches Auftragsvolumen für welchen Auftragszeitraum handelt es sich konkret?
Das Gesamtauftragsvolumen beträgt pro Jahr rund EUR 2,7 Mio. wobei keine Abnahmeverpflichtung vorgesehen ist. Der Abruf erfolgt während der Vertragslaufzeit – abgesehen von der Erstausstattung der MitarbeiterInnen – im Bedarfsfall.
7) Wie ist der derzeitige Stand bei der Auftragsabwicklung?
- Die Uniformartikel der ÖBB-Personenverkehr AG sind bereits an die MitarbeiterInnen ausgeliefert.
- Die Uniformartikel der ÖBB-Infrastruktur AG werden bis 1.3. 2015 an die MitarbeiterInnen der ÖBB-Infrastruktur ausgeliefert.
- Die ÖBB-Postbus-Uniformen werden gemäß dem Lieferplan bis Mitte April 2015 an die MitarbeiterInnen ausgeliefert.
8) Welche Pönalisierungen sind bei diesem Auftrag vereinbart?
Für nicht gelieferte bzw. nicht termingerecht gelieferte Produkte, wird lt. Ausschreibung eine Pönale von, für die erste angefangene Kalenderwoche, 1,5%, für jede weitere angefangene Kalenderwoche 3%, jedoch max. 30% des Wertes des nicht termingerecht gelieferten Produktes verrechnet.
9) Wie erklären Sie, dass die ÖBB offenbar auch nach den Erfahrungen mit der Causa Foccini/Bardi und anno 2013/14 noch Großaufträge wie den in der Begründung umrissenen Auftrag für Dienstbekleidung auf Basis höchst unzureichender Qualitätsanforderungen (an Produkt und/oder Lieferant) vergibt?
Die in der Frage beinhaltete Behauptung, wonach wir „Großaufträge anno 2013/2014 auf Basis höchst unzureichender Qualitätsanforderungen“ vergeben, weisen wir auf das Schärfste zurück. Das genaue Gegenteil ist der Fall: aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit wurden sowohl an die Produkte als auch an die Lieferanten (insbesondere im Bereich Ökologie/Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit) höchste Qualitätsanforderungen gestellt. (siehe Beilage als Bsp.)
Am Bsp. Uniformoberbekleidung exemplarisch ein Auszug der Ausschreibung:
„Das Angebot hat folgende Nachweise zu enthalten: = Musskriterien (siehe auch Anlage Musskriterien Uniform)
- Die exakte Einhaltung der Fertigungsvorschrift insbesondere bei den Materialien und Einstellwerten ist durch die Vorlage von Datenblättern nachzuweisen. Alle Werte der Leistungsbeschreibung müssen sich im vorgelegten Datenblatt dezidiert wiederfinden. Datenblätter müssen für den Oberstoff, Futterstoff, Kniefutter, Taschenfutter, Einlagen und das komplette Zubehör, in deutscher Sprache, mit aktuellem Datum, vorgelegt werden. Eine Muster-Vorlage für ein Datenblatt (hier Oberstoff) findet sich in der Anlage.
Beachte: Auf jedem Datenblatt ist anzugeben, auf welchen Punkt der Leistungsbeschreibung Bezug genommen wird.
- Vollständig ausgefüllte und rechtsgültig gefertigte Vorlage Lieferfähigkeit (siehe Anlage Lieferfähigkeit)
- Darstellung der Qualitätssicherung und -Ablaufs, QS-System oder ähnliches vorhanden (Eigenerklärung)
- Ökotex 100 Klasse 2 Zertifizierung für alle angebotenen Gewebe (Oberstoff, Futterstoff, Taschenfutter etc..) und alle angebotenen Zutaten (Einlagen, Knöpfe, Garn, etc..) bei Angebotslegung.
- Rechtsgültig gefertigte ergänzende Vertragsbedingung Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit. (siehe Anlage Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit)
- Rechtsgültig gefertigte ergänzende Vertragsbedingung Ökologie (siehe Anlage Ökologie)
- Vorlage von je 1m Musterstoff für Uniform Oberstoff, Futterstoff, Taschenfutter, Kniefutter inklusive der dazugehörigen Datenblätter.
Sämtliche geforderten Datenblätter und Unterlagen sind zum Angebotszeitpunkt vorzulegen!
Weiters wurden im Vorfeld Tragetests durch Mitarbeiter durchgeführt, die ein ausgezeichnetes Feedback über den Tragekomfort und die Qualität lieferten.
10) Wie kann eine dem Bestbieterprinzip entsprechende Auswahl eines Auftragnehmers überhaupt erfolgen, wenn bei der Suche nach diesem Auftragnehmer weder Referenzen noch Mindestanforderungen gefordert werden, also keine ernstzunehmenden Kriterien für das “Best” beim Bestbieter vorgegeben werden?
Auch diese Frage beinhaltet eine falsche Unterstellung. Die Referenzen und Mindestanforderungen (Eignungskriterien) wurden im Prüfsystem sebstverständlich abgefragt und von allen angesprochenen Firmen beigebracht.
Alle Vergaben erfolgten nach dem Bestbieterprinzip. Der Bestbieter (das wirtschaftlich und technisch günstigste Angebot) der Ausschreibungen wurde über den angebotenen Preis sowie über die Qualität der angebotenen Leistung ermittelt. Und zwar wie folgt:
40% Preis
60% Qualität, aufgeteilt in folgende Teilbewertung:
- Bewertung Uniformteile – Material & Produktdetails 50%
- visueller Eindruck des beurteilenden Gremiums und sPassform 9%
- Lieferkontinuität und Lieferperformance 20% (Formular Lieferfähigkeit ist vollständig auszufüllen)
- Verarbeitung 6%
- Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit 15%
11) Welcher Gesamtschaden ist den ÖBB aus der Causa Foccini/Bardi (incl. anteilige Kosten für Rechtsberater etc) unterm Strich entstanden?
Das Verfahren bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft betreffend der im Jahr 2008 durchgeführten Beschaffung von Dienstkleidung für die MitarbeiterInnen der ÖBB ist laut unserem Informationsstand noch nicht abgeschlossen. Laut interner Prüfung gehen wir von einem Schaden für das Unternehmen von rund EUR 317.000.- (Wertminderung iHv 25 % des Auftragsvolumens) aus.
Wir haben sowohl im Interesse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch im Interesse der Kundinnen und Kunden entschieden, in neue Uniformen zu investieren. Ein Beschaffungsvorgang, der – wie alle anderen Beschaffungsvorgänge im Unternehmen – von den zuständigen Abteilungen höchst professionell abgewickelt wurde.
Dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Abteilungen nun aufgrund nebuloser Vorwürfe und haltloser Anschuldigungen rechtfertigen müssen, ist ebenso zurückzuweisen, wie der Umstand, dass Firmen, die allesamt über beste Referenzen verfügen, mit negativer öffentlicher Berichterstattung konfrontiert werden.
Basis der Anschuldigungen sind anonyme Behauptungen, die offizielle Möglichkeit der Beeinspruchung vor dem Bundesvergabeamt wurde – offensichtlich aufgrund von Aussichtslosigkeit – von niemandem gewählt. Und bis zur Prüfung der Vergabe durch den Rechnungshof bleibt ein schaler Beigeschmack, verursacht durch die Verbreitung von Gerüchten.