Damit ein Zug sauber bleibt, muss er bis zu 40-mal pro Jahr gewaschen werden. Dazu gibt es bei uns mehrere vollautomatische Außenreinigungsanlagen, die allen Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verfügung stehen.
Wenn mit dem Frühling die kalte Jahreszeit abgelöst wird, werden nicht nur daheim die Autos fleißig geputzt und gewaschen. Auch Züge werden wieder auf Hochglanz gebracht. Dazu gibt es bei uns mehrere stationäre Außenreinigungsanlagen. Die Eisenbahn-Waschanlagen kann man durchaus mit herkömmlichen Waschstraßen, wie sie jeder von uns kennt, vergleichen. Auch hier kann man mit seinem Fahrzeug selbst durchfahren, wobei das Tempo zwischen einem und drei Stundenkilometer beträgt. Doch die Dimensionen unserer Anlagen sind schon um einiges größer als jene bei der Tankstelle um die Ecke.
Ein Waschkonzept für alle Jahreszeiten
Die Basis sauberer Züge ist ein Waschkonzept, dass sich an den Jahreszeiten orientiert. Im Winter wird kann aufgrund der Witterungsbedingungen meist nur eine unregelmäßige Reinigung der Fahrzeuge geplant werden.
Im Frühjahr hingegen werden Loks, Waggons und Triebwagen dann einmal pro Woche durch die Anlagen geschickt, um eine Grundreinigung von Bremsstaub und ähnlichem Schmutz, das sich über den Winter angesammelt hat, sicherzustellen.
Im Sommer wird der Intervall auf einen 14-Tages-Rhythmus ausgedehnt, bevor im Herbst als Vorbereitung auf den Winter die Reinigung wieder auf viermal pro Monat intensiviert wird. Das bedeutet, dass jedes Fahrzeug durchschnittlich auf dreißig bis vierzig Reinigungen pro Jahr kommt. Die Waschanlagen sorgen dabei für eine konturgenaue und lückenlose Reinigung. Klar, der Unterbodenschutz fällt weg.
Schrubben und spülen
Die Dachreinigung ebenso, denn da wäre die 15.000-Volt-Oberleitung ein ziemliches Problem. Aber Seitenflächen, Schürzen, Dachschrägen sowie Stirn- und Heckfront werden über mehrere Sprühdüsen eingesprüht und mit leistungsstarken, aber trotzdem sanften Waschbürsten gründlich geschrubbt. Der Anpressdruck der Bürsten wird dabei über die Stromaufnahme der Bürstenmotoren gesteuert, um ein optimales Ergebnis zu erreichen. Das Ergebnis der Reinigung hängt von mehreren Faktoren ab: Reinigungsmittel, Außentemperatur, Drehzahl und Anpressdruck der Bürsten, Durchfahrtsgeschwindigkeit des Zuges und natürlich der Häufigkeit und auch Kontinuität der Reinigung. Denn nur wenn ein Zug regelmäßig gereinigt wird, wird er auch richtig sauber.
Wie aber sind solche Anlagen aufgebaut? Wie funktionieren sie? Und wie ist das, wenn man mit einem Zug durch die Waschstraße fährt?
Wir haben uns die Anlage am Schnellbahn-Stützpunkt Floridsdorf genau angesehen. Von außen sieht die Waschanlage ja ziemlich unspektakulär aus. Wäre da nicht ein großes Bedienpaneel, wo der Lokführer die Wagennummern eintippt, angebracht, wüsste man nicht, dass sich hier eine besondere Anlage verbirgt. Und auch sonst deutet nicht viel auf die High-Tech-Anlage hin.
Aber zurück ins Cockpit des Zuges. Kaum hat Mathias die Nummer seines Zuges eingetippt, öffnen sich die Tore der Waschanlage und wir werfen einen ersten Blick in die hundert Meter lange Halle. Langsam rollt der Triebwagen auf die ersten Bürsten zu, als schon das Reinigungsmittel aufgespritzt wird. Nach wenigen Metern dann aber ein plötzlicher Stopp. „Stirnwäsche“, sagt Lokführer Augustin und senkt den Stromabnehmer. Und schon bewegen sich zum ersten Mal dicke Bürsten auf den Zug zu und schrubben die Frontpartie von allen Seiten ab. Kurz danach ist der Spuk auch schon wieder vorbei und nachdem das Signal in der Anlage auf „Frei“ springt, setzen wir die Fahrt fort. Es dauert nicht lange, bis die nächsten Bürsten beide Seiten von oben bis unten bearbeiten und dabei das Reinigungsmittel gründlich aufreiben. Das Mittel kann dabei bis zu 90 Sekunden lang einwirken, bevor es dann am Abwaschstand mit den gegenläufigen Waschbürsten wieder entfernt wird. Ein letztes Mal Klarspülen und schon strahlt der Talent-Triebwagen mit der Sonne um die Wette.
Modernste Anlagen in Europa
„Es gibt bei uns unterschiedliche Anlagen, die aber alle einem ähnlichen Prinzip folgen“, sagt Techniker Andreas Prochazka, der bei uns für Waschanlagen verantwortlich ist. „Wir sind derzeit dabei, unsere Anlagen mit dem neuesten Stand der Technik auszurüsten.“ So werden derzeit in Graz und demnächst am Wiener Hauptbahnhof drei der modernsten Anlagen in Europa gebaut, die Anlage in Graz wird voraussichtlich schon kommenden Mai eröffnet. Bestehende Anlagen werden nach Möglichkeit auf die neuen Technologien hochgerüstet.
Sämtliche Anlagen sind dann mit dem EDV-System „VEBSys“ verknüpft. Dort werden nicht nur sämtliche Reinigungsvorgänge erfasst und dokumentiert und die Verrechnung eingeleitet, sondern auch alle erforderlichen Parameter für alle verschiedenen Fahrzeugtypen gespeichert. Somit legt die Anlage nach Erfassung bzw. Eingabe der Wagennummern automatisch alle erforderlichen Einstellungen fest. Weil es ja einen Unterschied macht, ob ein Doppelstockzug oder ein railjet durch die Waschstraße fährt.
„Derzeit gibt noch der Lokführer die Fahrzeugnummern in die Anlage ein“, sagt Prochazka. „Künftig wird das aber anders sein. Digitale Kameras an beiden Seiten erfassen dann automatisch die Fahrzeugnummern und leiten diese an VEBSys weiter. Somit muss der Lokführer am Bedienpaneel nur mehr das Waschprogramm wählen, bevor er auf den Startknopf drückt.“ Anhand der Fahrzeugnummer ist dann auch die Durchfahrtsgeschwindigkeit festgelegt, die dann wieder Pumpenleistung und somit Durchflussmenge für Wasser und Reinigungsmittel und Drehzahl der Waschbürsten regelt. Und schon kann’s dann losgehen.
„Wir stellen mit unseren Anlagen allen Eisenbahnverkehrsunternehmen ein flächendeckendes Netz modernster vollautomatischer Außenreinigungsanlagen zur Verfügung, die einfach zu bedienen sind und eine einfache und kundengerechte Verrechnung sicherstellen“, sagt Prochazka.