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Die Gärtnerinnen von Bahnsteig 2

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Es grünt und sprießt so üppig in den bezaubernden Gemeinschaftsgärten von Edith und Augustine am Bahnhof Kritzendorf, dass sie von einem Geheimtipp zu einer echten überregionalen Sehenswürdigkeit geworden sind. Hier treffen Bahngäste in einer einmaligen Mischkulanz auf seltene Eidechsen und erstaunliche Wildpflanzen, geben sich rar gewordene Insekten wie Gottesanbeterinnen oder Wildbienen ein Stelldichein und auch der eine oder andere Zugvogel ist Stammgast. Und das alles auf Bahnhofsgrund.

Das schöne und nostalgische Kritzendorf ist ja für mancherlei bekannt. Für das angenehm altmodische Strombad an der Donau, das seit Beginn des letzten Jahrhunderts mit seinem unvergleichlichen Flair Sommerfrischler an die Kritzendorfer Riviera lockt. Vor allem seit die Franz Josefs Bahn 1907 den Ort mit Wien verbindet. Oder für den süßen Ribiselwein, der anfänglich als Alternative zum reblausgeschädigten Wein herhalten musste und sich nach wie vor einer gewissen Beliebtheit erfreut. Die Bahnhofsgärten fügen sich perfekt in dieses Bild ein, obwohl es sie vergleichsweise noch gar nicht so lange gibt.

Die Biene summt am Bahnhofsgrund.

Das Blütenmeer und Pflanzengrün wächst in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Gleisen. Und mittendrin sind meist Edith Czernilofsky und Augustine Mühlehner beim garteln anzutreffen. Die beiden guten Feen dieser Zaubergärten haben bereits 2013 begonnen, die Naturparadiese auf beiden Seiten der Bahnsteige anzulegen. „Begonnen hat alles mit unserer Ausbildung zur Natur- und Landschaftsführerin. Wir haben nach einem Platz für unser Naturvermittlungsprogramm gesucht und sind hier am Bahnhof fündig geworden. Einen nicht benutzten Raum haben wir zu unserem Kräuterstübchen gemacht. Zeitgleich wurde ein Teil des Bahnhofgeländes von Gestrüpp befreit und da haben wir bei den ÖBB angefragt, ob wir hier nicht einen Garten anlegen können. Die waren von der Idee gleich begeistert.“ erinnert sich Edith an die Anfänge des Gartens.

Am Anfang hat es ausg‘schaut.

Das grüne Paradies am Bahnhof kam freilich nicht von allein. Unzählige Arbeitsstunden waren nötig, um der Natur wieder einen Raum zu geben. Die Vorraussetzungen waren gut. Der umgeackerte Platz am Bahnsteig hatte gute humusreiche Erde und so begannen die beiden Gärtnerinnen, Pflanzen aus der Au auszugraben und anzusiedeln, Blumen und Kräuter zu setzen, Beete und Wege anzulegen und kleine Räume zu schaffen. Zum Erholen, zum Genießen, zum Staunen. Dank Edith und Augustine fühlen sich jetzt aber nicht nur die Fahrgäste, die auf einem der Bankerl auf den nächsten Zug warten, wohl. Zahlreiche Insekten und Reptilien haben hier einen neuen Lebensraum gefunden und zeigen, wie artenreich ein naturbelassener Garten sein kann.

Liebevoll gehegt und gepflegt.

Das hat Edith und Augustine eine Nominierung zum European Award 2017 for Ecological Gardening gebracht. Noch stolzer sind sie aber auf die Veränderungen am Bahnhof, die durch die Gärten kamen. „Bahngäste kommen durch die Pflanzen ins Gespräch, fragen nach der einen oder anderen Pflanze und es gibt sogar Gäste, die kommen gern früher her und fahren erst mit einem späteren Zug.“ freut sich Edith, die im nächsten Monat ihren achtzigsten Geburtstag feiert. Die umtriebige Gärtnerin hat neben den Gärten auf Bahnsteig 1 und 2, mittlerweile auch am Bahnhof Unterkritzendorf einen Obstgarten mit heimischem Gehölz und Sträuchern angelegt. Und so kann man ohne Übertreibung schon von den „Kritzendorfer Bahnhofsgärten“ sprechen. Die spontane Idee von einst trägt Früchte.

Wer hier zum ersten Mal zu Besuch ist, mag sich wundern, dass die Gartenprojekte hier ein vergleichsweise junges Pflänzchen sind. Denn die historischen Bahnhofsgebäude und die blühenden Gärten vermitteln einen so harmonischen Eindruck, dass man glauben könnte, sie würden schon seit eh und je bestehen. Besonders sehenswert ist auch die Lampisterie, ein Minihäuschen, in dem früher die Bahnlaternen gewaschen wurden und das jetzt von wildem Mohn, Salbei und Margeriten umsäumt ist. Am besten, man fährt einfach hin und macht sich selbst ein Bild. Kritzendorf ist von Wien aus mit dem Zug in nur wenigen Minuten erreichbar. Der Naturgenuss beginnt bereits beim Aussteigen.

Warum Augustine und Edith lieber in einem langsamen Zug verreisen, verraten sie uns hier: „5 Fragen – 5 Antworten mit Edith und Augustine “.

Übrigens: Ihr kennt jemanden, der eine tolle “Gleisgeschichte” zu erzählen hat? Dann meldet euch per Mail unter social-media@oebb.at

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