Georg Zwickl nennt sich selbst den ewigen Wächter der Kalten Rinne. Wie es dazu kam, dass er an der Stelle ein Museum zu Ehren von Carl von Ghega gründete, haben wir bei einem Besuch erfahren.
Georg Zwickl war auf der Suche nach einem Haus zum Wohnen, als er das verfallene Gebäude an den Gleisen am Semmering entdeckte. Bei einer Besichtigung spürte er gleich, dass an diesem Ort einmal etwas Besonderes passiert sein musste. Und tatsächlich fand er bald darauf heraus, dass Carl von Ghega von der Stelle aus über viele Jahre den Fortschritt der legendären Semmeringbahn überwachte. Die Bahn verläuftvon Gloggnitz über den Semmering nach Mürzzuschlag und war zur Zeit ihres Entstehens die erste normalspurige Gebirgsbahn Europas.
Ursprünglich wurde sie als Ablösung des kostenintensiven Straßentransports geplant. Allerdings gab es Zweifel an der technischen Möglichkeit der Realisierung. 1841 erhielt Carl von Ghega den Auftrag, das Bauwerk zu planen. Er plante drei unterschiedliche Varianten, um die Höhenunterschiede zu bewältigen. Diese legte er dem Generaldirektor der Staatsbahnen, Hermenegild Ritter von Francesconi vor.
Die erste normalspurige Gebirgsbahn Europas
Der später umgesetzte Plan mit dem imposanten Viadukt über die Kalte Rinne begeistert bis heute Bahnliebhaber aus aller Welt. Das Viadukt ist das höchste der Semmeringbahn, die seit 1998 ein eingetragenes UNSESCO Weltkulturerbe ist. Kein Wunder, dass es eines der am meisten abgebildeten Bauwerke der Region ist und als Beispiel für eine ideale Symbiose von Natur und Technik gilt.
Der Bau der Semmeringbahn dauerte sechs Jahre von 1848 bis 1854 und in Summe waren 15.000 Menschen im Einsatz, darunter viele ehemalige Arbeitslose aus Wien. Aber auch böhmische Maurer, Steinmetze aus Friaul und Piemont, Tiroler Zimmerer, slowenische Deichgräber und Bergleute aus Sachsen arbeiteten mit. Der Arbeitsalltag war hart und gefährlich und so starben während der Bauzeit in Summe über 1.500 Arbeiter. In Erinnerung geblieben ist aber nur ein Name: Carl Ritter von Ghega.
Das erste und einzige Ghega-Museum der Welt
Aber wie kommt man auf die Idee ein Museum zu Ehren des Bauherren zu gründen? Georg dazu: „Als ich das Haus fand, habe ich beschlossen meinen Lebensabend hier zu verbringen. Das ganze Gebiet ist geprägt vom Schaffen des Bauherren Carl Ritter von Ghega. Da es für diesen Mann aber kein Museum gab, habe ich das Museum gegründet und eingerichtet.“
In den Räumen wird das Leben des Mannes erlebbar gemacht: von seiner Geburt als Kind albanischer Eltern in Venedig, seiner Ausbildung, seinen ersten Arbeiten in Venetien, über sein Lebenswerk am Semmering bis zu seinem frühen Tod 1860 in Wien in seinem Wohnhaus Ecke Rotenturmstraße/Lugeck, wo er an Tuberkulose starb.
Weltberühmt von Gloggnitz bis Tokyo
Wer denkt, dass sich vor allem Menschen aus der Region und Wien für Ghega interessieren, irrt. „Ich habe internationale Gäste, die immer wieder kommen. Darunter auch einige japanische Stammgäste, die hier Jahr für Jahr ihre Fotos machen. Ich kann mit ihnen kein Wort sprechen, aber sie schicken mir nach ihrem Besuch immer einen Kalender mit Eisenbahnfotos“, antwortet Georg auf die Frage, wer zu seinen Besuchern zählt.
Wie wichtig ihm das Museum ist, beantwortet Georg so: „Im 1. Stock des Hauses habe ich meine Wohnräume eingerichtet, damit bin ich 24 Stunden jeden Tag für das Museum erreichbar. Und es ist mittlerweile auch schriftlich abgesichert, dass eines Tages meine Urne hier begraben wird. Ich bin eben der ewige Wächter der Kalten Rinne.“ Georgs Leidenschaft zur Semmeringbahnstrecke kennt keine Grenzen.
Welche Frage er Carl von Ghega am liebsten stellen würde verrät Georg uns hier. „5 Fragen – 5 Antworten. Mit Georg Zwickl.“
Zu sehen ist die fünfte Episode der „Gleisgeschichten“ am Facebook und Youtube- Kanal der ÖBB. Bis Ende 2018 gehen in Summe sechs Episoden online.
Übrigens: Ihr kennt jemanden, der eine tolle “Gleisgeschichte” zu erzählen hat? Dann meldet euch bei uns per Mail.