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Auf den Spuren der Russischen Eisenbahn

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Young Talents Exchange Program

Von 22. bis 28. Juli 2018 war es soweit: Für 13 KollegInnen aller Teilgesellschaften des Konzerns ging es auf eine spannende Reise. Das Ziel: Moskau und Sankt Petersburg. Die Russische Eisenbahn hatte im Rahmen einer bereits seit 2013 mit den ÖBB bestehenden Vereinbarung eingeladen. Die Agenda, die wir vorab bekamen, versprach interessante Einblicke in eines der größten Eisenbahnunternehmen der Welt. Neben Unternehmenspräsentationen und Besuchen von Infrastrukturanlagen, Häfen, Güterterminals und Zugdepots, trafen wir auch Oleg Belozerov, CEO der JSC Russian Railways zu einem offiziellen Business Meeting.

Aber der Reihe nach! Zunächst lernte sich die ÖBB-Delegation in einem Workshop in der Unternehmenszentrale kennen. Katrin Sünder, Koordinatorin des im BCC angesiedelten Programms, informierte dabei über Wissenswertes zum Aufenthalt und zu Russland. Ein paar Wochen später ging es dann los – aufgrund der Entfernung ausnahmsweise nicht per Bahn, sondern mit dem Flugzeug. Am Flughafen in Moskau wurden wir bereits von KollegInnen der RŽD in Empfang genommen.

Größe, die beeindruckt

Am darauffolgendem Tag ging es dann los mit dem Programm: Nach dem Besuch des „Maintanance Management Center“ der Moscow Railways, einer von 16 Eisenbahngesellschaften der RŽD, und der Verkehrsleitzentrale der Russischen Eisenbahnen, die beide auf beeindruckende Weise zeigten, welche Technik hinter einem Bahnsystem dieser Größe steckt, erfolgte die offizielle Begrüßung durch Oleg Belozerov, CEO der RŽD. Er hob darin den besonderen Stellenwert des Systems Bahn in Russland hervor – schließlich ist die Bahn Arbeitgeber von mehr als einer Million Menschen und wickelt 45 Prozent des Güterverkehrs der Nation ab, zählt man den Pipeline-Transport nicht dazu, sind es sogar 87 Prozent. Die ÖBB sieht Belozerov als einen wichtigen Schlüsselpartner der RŽD – nicht zuletzt für das zukunftsträchtige Projekt Breitspurbahn. Und ganz allgemein haben die ÖBB und die Russischen Eisenbahnen mehr gemeinsam, als man denkt – etwa das Alter: Auch die RŽD feierte 2017 ihr 180-jähriges Bestehen und blickt damit auf eine ebenso lange Geschichte zurück, wie die ÖBB.

Nach mehreren Businessmeetings war es Zeit, die Größe und Bandbreite der RŽD mit eigenen Augen zu sehen. Und so ging es in das Depot der Podmoskovnaya Railway Station in Moskau. Das Depot wurde erst 2015 eröffnet. Da es logistisch günstig direkt an der Zugstrecke liegt, müssen Züge nicht gesondert zu Wartungsarbeiten in das Depot überstellt werden, sondern nehmen nur eine kleine Abzweigung.

Im hochmodernen Depot werden zwei Züge Instandgehalten: der Sapsan, der Hochgeschwindigkeitszug der RŽD, der zwischen Moskau und St. Petersburg verkehrt, und der Lastochka (bedeutet „Schwalbe“), jenes Model, das auf der Moscow Central Circuit, kurz MCC, fährt. Besonders interessant an diesem Depot, wie auch an jenem, das wir in St. Petersburg besichtigt haben, war die Tatsache, dass die RŽD nur die Infrastruktur der Instandhaltung und Wartung zur Verfügung stellt. Die Züge selbst werden vom Hersteller der beiden Zuggarnituren, Siemens, gewartet. Derzeit werden bereits 80 Prozent der Zugteile der Lastochka-Garnituren in Russland produziert, in zwei Jahren sollen es 100 Prozent sein.

Mit 250 km/h von Moskau nach St. Petersburg

Später stiegen wir in ein weiteres Erfolgsprodukt der Russischen Eisenbahnen, um unser nächstes Ziel, Sankt Petersburg zu erreichen: den Hochgeschwindigkeitszug Sapsan. Täglich verkehren 15 Zuggarnituren zwischen den Metropolen. Die Strecke von 650 Kilometern legen sie dabei in ca. 3 Stunden und 40 Minuten zurück – mit einer Höchstgeschwindigkeit von aktuell 250 km/h. Wird der 250 Meter lange Zug in Doppeltraktion geführt, ist er der längste Highspeedtrain der Welt und bietet Platz für 1.200 Fahrgäste. 2017 zählte die RŽD bereits fünf Millionen Passagiere. Tagsüber sind die Sapsan-Garnituren im Einsatz, nachts finden in Moskau und St. Petersburg die Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten statt. Pro Jahr legt eine Garnitur zwischen 450.000 und 500.000 Zugkilometer zurück.

In St. Petersburg angekommen, waren die „October Railways“, die älteste Eisenbahn Russlands, unser Gastgeber. 1837 wurde in der Region die erste Bahnstrecke und -station (Witebsker Bahnhof) eröffnet. Sie verlief über eine Länge von 26 Kilometern von Sankt Petersburg zur Zarenresidenz Zarskoje Selo. Anfangs wurden die Wagons von Pferden gezogen, nur Sonn- und Feiertags fuhr eine dampfbetriebene Eisenbahn.

Die Zukunft des Verschiebebahnhofs wird in Ust Luga getestet

Ein weiteres Highlight unserer Reise – vor allem für die KollegInnen der Rail Cargo Group – war der Besuch des Ust Luga Ports, einem der größten Bahnhöfe Russlands. 2006 wurde er nach fünf Jahren Bauzeit eröffnet, der Verschiebebahnhof Luzhskaya folgte 2015. Im vergangenen Jahr betrug das Umschlagsvolumen bereits über 60 Millionen Tonnen. Der Verschiebebahnhof hat heute mehr als 40 Gleise und fungiert als Testbahnhof für Güterverkehr in ganz Russland. Hier werden Innovationen wie ein automatisches System am Gleis, das den klassischen Hemmschuh ersetzt, und neue Technologien getestet, die automatisiertes Fahren vorantreiben sollen. Derzeit sind bereits vier führerlose Lokomotiven am Gelände im Einsatz. Pro Tag verlassen bis zu 34 Güterzüge Verschiebebahnhof, davon 14 mit einer Länge von mehr als 100 Wagons.

Eisenbahner schon ab dem Kindergarten

Auch in Sachen MitarbeiterInnen-Bindung sind die Russischen Eisenbahnen ambitioniert – und das schon ab dem Kindesalter. Ob Kooperationen mit Kindergärten oder Schulen, oder Stipendien für Studierende der Eisenbahnspezifischen Universitäten, potentielle Nachwuchstalente werden so früh wie möglich mit der Bahn in Kontakt gebracht. So gibt unter anderem bei den October Railways eine „Kindereisenbahn“ (children’s railway). Hier können Kinder ab elf Jahren die wichtigsten Eisenbahnberufe erlernen. Im Winter erhalten angehende EisenbahnerInnen Theorieuntersicht, im Sommer ist Praxis angesagt. Dafür wurden eigens zwei Strecken geschaffen, auf denen die Kinder und Jugendlichen als Zugbegleiter, Techniker, Fahrdienstleiter und Co. für ihre Karriere bei der Bahn üben können. Die erste Kindereisenbahn wurde bereits 1948 eröffnet, derzeit bereiten sich rund 1.500 Kinder bei der „October Railway Children’s Railway“ auf ihre berufliche Zukunft vor.

„Für mich war einer der beeindruckenden Aspekte der Reise, dass Kinder in Russland mit der Eisenbahn aufwachsen – viele spätere MitarbeiterInnen kommen bereits früh mit der Bahnindustrie in Berührung und haben so eine starke Bindung zum Unternehmen“, fasst Hanna Scheiner, eine der TeilnehmerInnen und Mitarbeiterin der RCG ihren Eindruck zusammen.

Dimensionen, die in Erinnerung bleiben  

Neben den persönlichen Eindrücken und den Freundschaften, die mit den KollegInnen der Russischen Eisenbahn geschlossen wurden, sind es vor allem die Dimensionen und die Größe der RŽD, die in Erinnerung bleiben.

„Besonders erwähnenswert fand ich die unglaubliche Größe des Unternehmens RZD und die dennoch schlanken Organisationsstrukturen. In diesem Zusammenhang hervorzuheben war für mich das Handling riesiger Datenmengen und Informationen über die ausgedehnte russische Infrastruktur“ so Leonhard Haider, Teilnehmer des 6. Exchange Programms und Mitarbeiter der RCA.

Schon in den ersten Meetings wurden beeindruckende Zahlen präsentiert: Die gesamte Russische Eisenbahn inklusive aller Teilkonzerne ist Arbeitgeber für mehr als eine Million Menschen, das Schienennetz umfasst rund 85.400 Kilometer und über 5.300 Haltestellen. Besonders interessant war der Aspekte, dass rund 95 Prozent der Geschäftsaktivitäten der RŽD den Güterverkehr betreffen, nur fünf Prozent den Personenverkehr.

Weitere interessante Details: Der erste Ticketschalter der Russischen Eisenbahnen wurde 1899 eröffnet – und ab diesem Zeitpunkt gab auch die ersten weiblichen Mitarbeiterinnen. Im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaft wurden 750 zusätzliche Züge in Umlauf gebracht. Laut Angaben der RŽD waren alle pünktlich.

 

 

 


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