Die ÖBB begannen bereits sehr früh mit der Elektrifizierung ihres Streckennetzes. Vom Westen ausgehend wurden immer mehr Strecken mit dem Fahrdraht überspannt. Durch den gestiegenen Bedarf an modernen Fahrzeugen war auch die Industrie gefordert, neue Wege zu gehen.Das große Problem der damaligen Zeit bestand darin, leistungsfähige Elektromotoren in relativ kleinen und leichten Fahrzeugen unterzubringen. Während in den 1920er Jahren noch große Elektromotoren verwendet wurde, welche ihre Kraft mit Treibstangen auf die Antriebsräder verteilten, wurde mit der Reihe 1570 erstmals eine neue Antriebsform gewählt: Vier Fahrmotoren in vertikaler Anordnung bildeten erstmals eine Art des Einzelachsantriebes, der sich später im Lokomotivbau zum Standard entwickeln sollte. Die Kraftübertragung auf die Antriebsräder erfolgte über Kegelgetriebe und war trotz technischer Schwierigkeiten richtungweisend für spätere Konstruktionen.
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Nur zwei Jahre nach dem erscheinen der 1570 rollten die ersten viermotorigen Drehgestelloks mit Einzelachsantrieb der Reihe 1170 auf Österreichs Gleise. Die 14 kleinen Bo’Bo’ Loks wurden für die frisch elektrifizierte Salzkammergutbahn gebaut. Basierend auf dieser epochalen Entwicklung startete die Österreichische Lokomotivindustrie die Entwicklung von zwei stärkeren Nachfolgebaureihen, der Reihe 1170.1 und 1170.2, der späteren ÖBB Reihe 1245. Erforderlich wurde der Bau einer modernen, stärkeren Drehgestelllokomotive wegen der zu Beginn der 1930er Jahre geplanten Elektrifizierung der Westbahnstrecke (deren Baubeginn sich aber bis 1937 verzögerte).
Zwischen 1934 und 1936 lieferte die Wiener Lokomotivfabrik Floridsdorf insgesamt acht 1170.2 aus und unterzog sie einer ausgiebigen Erprobungsphase. Die Ergebnisse waren vielversprechend und es folgten Nachfolgebestellungen für weitere 25 Fahrzeuge, die bis 1939 an die BBÖ und später an die Deutsche Reichsbahn übergeben wurden. Die Deutsche Reichsbahn bestellte nochmals acht Lokomotiven, sodass insgesamt 41 Fahrzeuge (mit und ohne elektrische Bremse) dieser Lokomotivbaureihe gebaut wurden.
Bewährte Lokomotivtype
Ihre ersten Betriebseinsätze absolvierten die 1170.2 im Westen Österreichs auf der Arlberg- und Brennerbahn. Nach Aufnahme des Elektrischen Betriebes auf der Tauernbahn wurden diese modernen Lokomotiven vornehmlich zwischen Salzburg und Spittal/Millstättersee eingesetzt. Im Zweiten Weltkrieg verschlug es sieben Fahrzeuge (bei der DRB als E 45.2 bezeichnet) sogar bis nach Augsburg, die allesamt nach Kriegsende nach Österreich zurückkehrten. Die neu entstandenen ÖBB übernahmen noch 38 Loks als neue Reihe 1245, drei Maschinen wurden als Kriegsverluste von den Bestandslisten gestrichen.
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Gemeinsam mit den schweren Güterzugslokomotiven der Reihe 1020 bildeten die 1245er für lange Jahre das Rückgrat im Güterzugsdienst und wurden vor allem auf den Steilstrecken für Vorspanndienste eingesetzt, wo sie sich jahrzehntelang hartnäckig hielten. Besonders die Vorspanndienste am „Berg Grießen“ zwischen Saalfelden und Wörgl sind legendär. Von vielen Bahnknoten ausgehend leisteten sie wertvolle Dienste im Fahrverschub. Trotz 1995, knapp 60 Jahre nach ihrem Erscheinen, fuhren letzten 1245er von der Zugförderungsstelle Selzthal in den Ruhestand.
Auch heute noch können Interessierte die bewährte Reihe 1245 erleben, und zwar vor Sonderzügen verschiedener Vereine, die selbst einige Fahrzeuge betriebsfähig erhalten.
Fact Box:
Dauerleistung: 1.700 kW
Höchstgeschwindigkeit: 80 km/h
Gewicht: 83 t
Baujahre: 1934-1939
Stückzahl: 41
Achsfolge: Bo’Bo’