Während man bei uns vor besonders schweren Zügen gleichzeitig mehrere Loks einsetzt, haben die ehemals Tschechoslowakischen Eisenbahnen (ČSD) auf eine ganz besondere Bauart von Lokomotiven gesetzt, nämlich auf Doppellokomotiven.
Wie überall in Europa wurden auch in der Tschechoslowakei die Zuggewichte nicht geringer und die bislang eingesetzten sechsachsigen Lokomotiven verschiedenster Baureihen auf den besonders anspruchsvollen Gebirgsstrecken im Nordosten hatten und haben es noch heute in sich. Besonders die Strecken der ehemaligen Kaschau-Oderberger Bahn erforderten wahre Kraftpakete, um die schweren Erzund Kohlenzüge überhaupt befördern zu können.
Doppelloks für den schweren Güterverkehr
Die aus den 1960er-Jahren stammenden sechsachsigen Lokomotiven der Reihen
E669.1-E669.3 (heute CD 181, CD 182, ZSSK 183) erwiesen sich zunehmend als zu schwach. Eine Nachfolgebauart musste her. Am Vorbild der Breitspurloks der Reihe E 469.5 (heute ZSSK 125.8) entwickelte die Lokmanufaktur von Škoda in Plzen (Pilsen) eine neuartige Doppellokomotive für das Gleichstromsystem im Nordosten der Tschechoslowakei. An die im Entstehen begriffenen Reihen E 499.1-E499.3 (heute CD/ZSSK Reihen 163-363) baute Škoda zwischen 1980 und 1982 nicht weniger als 50 Doppellokomotiven der Reihe E 479.1, die heute allesamt für die Cargo- Abteilung der Slowakischen Staatsbahnen (ZSSK Cargo) im Einsatz stehen. Ihr Einsatzgebiet erstreckt sich nach wie vor zwischen Bohumin (ehemals Oderberg) und Košice (ehemals Kaschau) sowie im Großraum von Žilina (ehemals Sillein) zwischen Košice und ˇCierna nad Tisou an der slowakisch-ukrainischen Grenze.
Rückgrat im Güterverkehr der ZSSK
Die Lokomotiven sind auch heute noch alle vorhanden und im Depot von Spišska Nova
ves in der Tatra beheimatet und werden ausschließlich im Güterverkehr der Slowakischen Staatsbahnen auf den bereits zuvor genannten Strecken eingesetzt. Die Loks kündigen sich eindrucksvoll lautstark dem Betrachter an, denn die acht Tatzlagermotoren sorgen für einen unvergleichlichen akustischen Auftritt. Grundsätzlich ist jede einzelne Lokhälfte immatrikuliert und könnte auch solo verkehren. Eine derartige Betriebsform war aber nie vorgesehen. Heute sind die 50 Doppelloks als Reihe 131 bezeichnet und immer paarweise (131.001+002 ff) gekuppelt. Dabei werden beide Lokhälften von einem Führerstand aus, ähnlich einer Vielfachsteuerung, bedient. Jede Lokhälfte ist nur mit einem Führerstand ausgestattet. Eine Besonderheit ist, wie bei vielen Lokomotivbauarten in Tschechien und in der Slowakei üblich, die Ausstattung mit Speichenrädern. Dies unterstreicht die Eleganz der 34,42 Meter langen und 169 Tonnen schweren Lokomotiven.
Einsatzende in Sicht?
Der Betriebseinsatz dieser imposanten Loks auf der Kaschau-
Oderberger Bahn und darüber hinaus erscheint aus heutiger Sicht gefährdet, denn
die Infrastrukturabteilung der Slowakischen Staatsbahnen hat im Plan, die gesamten mit 3.000-Volt-Gleichstrom betriebenen Normalspurstrecken mittelfristig auf 25.000-Volt-Wechselstrom mit einer Frequenz von 50 Hertz umzustellen. Ein weiterer
Streckenabschnitt zwischen Bratislava und Žilina wurde vor Kurzem zum Totalumbau
ausgeschrieben. Mit der in ferner Zukunft doch absehbaren Umstellung auf Wechselstrombetrieb der Einsatzgebiete der 131er droht auch ihr Stern zu sinken. Noch ist es aber nicht so weit und die grün-gelben Loks werden wohl noch einige Jahre weiter im schweren Güterzugdienst auf den Gebirgsstrecken durch die Niedere und Hohe Tatra sowie in Richtung der Ukraine zu sehen sein. Wer Interesse hat, diese Lokomotiven einmal hautnah zu erleben, der sollte sich nicht allzu lange Zeit lassen.
Fact Box:
ZSSK 131
Leistung: 4.480 kW
Gewicht: 169 t
Höchstgeschwindigkeit: 100 km/h
Achsfolge: Bo’Bo‘+Bo’Bo‘
Baujahre: 1980-1982