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Meilenstein im Lokbau

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Die ÖBB beschafften ab 1976 eine große Anzahl an Thyristorlokomotiven der Reihe 1044. Um den Technologiesprung in den 1980er-Jahren zu nutzen, wurde eine neue Drehstromlokomotive entworfen, von der nur drei Exemplare gebaut wurden.

Als die Reihe 1044 den Bau der sogenannten „Grenzleistungslok“ der Reihe 1042 ersetzte, beschritt die Industrie einen riesigen Technologiesprung. Waren bis zur 1044 die Loks mit diversen Fahrstufen ausgestattet, so konnte man mit dem Einzug der Mikroelektronik und der Verwendung von Thyristoren eine völlig neuartige Lokomotivkonstruktion entwickeln. Einerseits wurden die großen Aggregate und Schaltwerke in den Lokomotiven durch Elektronikschränke verdrängt und andererseits konnte erstmals die Antriebskraft der Lokomotive durch die Thyristoren stufenlos geregelt werden. Zugkraftsprünge wurden dadurch verhindert und damit die Qualität wesentlich verbessert. Im Laufe der Zeit zog die Thyristortechnologie im europäischen Lokomotivbau ein und nach und nach wurden zahlreiche verschiedene Typen in Verkehr gesetzt. Jedoch arbeiteten die Elektroniker an einem weiteren Schritt, nämlich an der Einführung des Drehstromantriebs. An und für sich war diese Technologie nicht neu, denn unter anderem existierte in Italien ein weit verbreitetes Drehstromnetz mit entsprechenden Fahrzeugen. Allerdings wurden die Lokomotiven von außen mit Drehstrom versorgt; große und schwere Anlagenteile sowie eine Oberleitung mit zwei separaten Fahrdrähten waren unter anderem dafür notwendig. Die moderne Mikroelektronik machte es jedenfalls möglich, dass man, sehr einfach erklärt, aus dem normalen Traktionsstrom bereits in der Lokomotive Drehstrom erzeugen konnte. Der Vorteil lag auf der Hand, denn im Vergleich zu den gebräuchlichen Kollektormotoren haben Drehstrommotoren keine Bauteile, die aneinanderreiben. Die Entwicklungen in der Motorentechnik und in der Mikroelektronik wurden auch im Lokomotivbau angewendet und nach ersten Versuchsfahrzeugen wurden mit den Verschublokomotiven der ÖBB-Reihe 1063 und 1064 erste Serien mit dieser neuen Antriebstechnologie ausgestattet. In unseren Nachbarstaaten standen bereits erste Serien von Drehstrom-Streckenlokomotiven im Einsatz und doch entwickelte die österreichische Lokomotivindustrie Anfang der 1990er-Jahre völlig neuartige Streckenlokomotiven mit Drehstromantrieb für verschiedene Einsatzspektren.

(c)ÖBB/ Nährer; Schweden, Hallsberg am 20.03.2009 um 20:37 Uhr

Schweden. Im schwedischen Hallsberg sind heute die Loks beheimatet und tragen zusätzlich zur Loknummer auch individuelle Namen.(c)ÖBB/ Nährer, Hallsberg/ Schweden am 20.03.2009, 20:37

Die erste österreichische Hochleistungslok

Während die 1044 mit ihrer Leistungscharakteristik eine Universallok darstellte, sollte die neue Generation wesentlich höhere Aufgaben erfüllen können. Gefordert war eine extrem leistungsfähige und schnell fahrende Lok, die sowohl im schweren Güterzugdienst im Flachland sowie auf Gebirgsstrecken und im schnellen Reisezugdienst gleichermaßen einsetzbar ist. Die bereits verfügbare Reihe 1014 entsprach jedenfalls nicht den Vorgaben, denn sie war ursprünglich für einen leichten Schnellzugverkehr im Flachland zwischen Wien und Budapest konzipiert. Aus diesem Grund schlossen sich die traditionellen österreichischen Hersteller Simmering-Graz-Pauker (mechanischer Teil) und Siemens, Elin und ABB (elektrischer Teil) zur ARGE 1012 zusammen. Bis 1993 entstanden insgesamt drei neuartige Prototyplokomotiven, die so schnell wie möglich den ÖBB zur Erprobung übergeben werden sollten. Sollten … denn die Inbetriebsetzung und die Übergabe sollten sich noch weitere vier Jahre bis 1997 hinziehen. Die Gründe waren vielfältig, denn damals war die Lokomotivindustrie im Umbruch. Waren die ursprünglichen Partner in einer Arbeitsgemeinschaft vereint, so waren sie im „richtigen Leben“ teilweise erbitterte Konkurrenten und entwickelten, allen voran Siemens und ABB, eigene Hochleistungsfahrzeuge und konnten diese sogar schon am Markt mehrfach verkaufen. Der Bedarf der europäischen Bahnen an modernen Loks war gewaltig und so agierten die Hersteller weitgehend eigenständig und die neuen 1012er wurden immer mehr zum Spielball. Auch die umfassenden Änderungen der Vergabegesetze der Europäischen Union warfen schon ihre Schatten voraus. Bei den ÖBB wurde man immer skeptischer, denn die Loks schlugen sich mitsamt den Entwicklungskosten umgerechnet mit satten 6,4 Mio. Euro pro Stück zu Buche.

Foto (c)ÖBB/ Nährer; Hectorrail. Im Dienste der schwedischen Privatbahn Hectorrail kann man heute die drei Lokomotiven vor Güter-, aber auch Schnellzügen sehen.

Hectorrail. Im Dienste der schwedischen Privatbahn Hectorrail kann man heute die drei Lokomotiven vor Güter-, aber auch Schnellzügen sehen. (c)ÖBB/Nährer, Hallsberg/ Schweden am 06.06.2008, 20:14 Uhr

Ungeliebte Entwicklung

Infolge der hohen Kosten verweigerten die ÖBB die Übernahme der noch nicht fertigen und nicht in Betrieb gesetzten Lokomotiven. Nach langen und zähen Verhandlungen erfolgte schließ- lich 1997 die Auslieferung der neuen Lokomotiven zu einem Stückpreis von rund 5 Mio. Euro. Aufgrund des EU-Beitritts Österreichs und der geänderten Ausschreibungsmodalitäten unterblieb eine Serienlieferung, die sich die Industrie trotzdem erhoffte. Unterdessen strengten die ÖBB die Beschaffung von Hochleistungslokomotiven mit Drehstromantrieb weiter an und platzierten schließlich eine Ausschreibung einer neuen Lokomotivgeneration, deren 382 gelieferte Exemplare heute das Bild der ÖBB nachhaltig prägen. Auch die ARGE 1012 beteiligte sich am Ausschreibungsverfahren und scheiterte schließlich am TAURUS der ÖBB-Reihen 1016 und 1116.

Betrieb

Nach der Inbetriebsetzung erfolgten verschiedene Probe- und Zulassungsfahrten in ganz Österreich. Infolge der geringen Stückzahl war es auch extrem schwierig, ein entsprechendes Einsatzgebiet zu finden. Letztlich landeten die drei Maschinen in Innsbruck und wurden bis zu ihrer Abstellung im Jahre 2006 vor Zügen der Rollenden Landstraße eingesetzt. Die 230 km/h schnellen Lokomotiven wurden aber nur für 160 km/h zugelassen.

Gab es für die 1012 überhaupt eine Zukunft?

Das lässt sich leicht beantworten, denn zu Beginn der 2000er-Jahre begannen die verschiedensten – teilweise privat geführten – Eisenbahnverkehrsunternehmen wie die Schwammerl nach dem Regen aus dem Boden zu sprießen. Bereits 2005 wurde ein schwedisches Eisenbahnverkehrsunternehmen auf die ungeliebten österreichischen 1012er aufmerksam. Nach Probefahrten in Schweden wurde der Sack zugemacht und die Kleinserie zu Hectorrail nach Hallsberg in Schweden verkauft. Nach einer Generalüberholung und Anpassung an die schwedischen Normen sind die drei 1012er nunmehr als Hectorrail-Reihe 141 im Güter- und Schnellzugverkehr im hohen Norden weiter im Einsatz.

ÖBB-Reihe 1012

Baujahr/Lieferung: 1993/1997
Leistung: 6,4MW
Höchstgeschwindigkeit: 160km/h (230km/h*)
Gewicht: 82,6t
Achsfolge: Bo’Bo‘
*… konstruktiv aber nicht zugelassen


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