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Königin auf schmaler Spur

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Die IVa5 der Bosnisch-Herzegowinischen Staatsbahnen ist die am europäischen Festland am meisten gebaute Schmalspurlok schlechthin. Bis heute haben sich die robusten und leistungsfähigen Lokomotiven auf einigen wenigen schmalspurigen Gleisinseln gehalten.

Nach der Berliner Konferenz 1878 besetzte Österreich-Ungarn Bosnien und die Herzegowina. Obwohl noch nominell zum Osmanischen Reich gehörend, übernahmen die österreichisch-ungarischen Behörden bis zum 20. Oktober 1878 die Verwaltungshoheit. Erst 1908 erfolgte letztlich die formelle Annexion der besetzten Gebiete, der letztlich 1909 von den einzelnen Staaten im näheren Umfeld zugestimmt wurde.

Bahn als Nachschublinie

Noch während der Besatzungszeit wurde in Bosnien und in der Herzegowina begonnen, ein Bahnnetz zu errichten. Im Anschluss an nur wenige normalspurige Bahnen bestand dieses Netz weitgehend aus Schmalspurbahnen mit einer Spurweite von 760 mm. Auch in Serbien entstanden einige Bahnen in derselben Spurweite. Betrieben wurde das bosnische Schmalspurbahnnetz von den Bosnisch-Herzegowinischen Staatsbahnen BHStB. Wenn man von der Wiedererrichtung der ehemaligen osmanischen Militärbahnen absieht, wurden unmittelbar nach der Besetzung die ersten Bahnstrecken in 760-mm-Spur errichtet. Diese dienten, wie so oft, militärischen Zwecken; in Bosnien eben zur besseren Versorgung der Besatzungstruppen.

Jahr für Jahr wuchs das Netz, bis ein ziemlich leistungsfähiges vorhanden war. Zum Betrieb waren auch entsprechend viele Lokomotiven notwendig, deren Kategorisierung innerhalb der BHStB nach einem speziellen Code erfolgte. Aus diesem resultierte die Lokgattung „IVa5“, die einer vierfach gekuppelten, unter 40 Tonnen schweren Lok entsprach. Bevor die erste 1903 gebaute IVa5 zur BHStB gelangte, bestand der einsatzbereite Lokomotivfuhrpark aus einem Sammelsurium verschiedenster Typen.

Die in Österreich beim Schmalspurlokomotivspezialisten Krauss in Linz entwickelte und gebaute Prototyplok erwies sich von Anfang an als „großer Wurf“. Die mit der Achsfolge D1‘ n2v (Nassdampf-Verbundlok) gebauten IVa 5 1001 – 1029 überzeugten und wurden ab 1909 als IVa 5 mit Nummern ab 1101 und später als IVa 5 1100 als Heiß- dampf-Zweizylinderlok mit großem Erfolg weitergebaut. Als mit dem Zerfall der Donaumonarchie Bosnien und die Herzegowina unter die Verwaltung des SHS-Staates (Staat der Serben, Kroaten und Slowenen) gestellt wurde, begann man umgehend, das umfangreiche schmalspurige Bahnnetz umfassend zu erweitern. Unter anderem wurde über den Šargan-Pass auch das serbische Schmalspurbahnnetz in Richtung Belgrad angeschlossen. Der Lokomotivbedarf war dabei enorm, aber der SHS-Staat verfügte über keine nennenswerte Lokomotivindustrie. Aus diesem Grund wurden zahlreiche weitere Loks von Jung in Deutschland und der MÁVAG in Ungarn geliefert.

Markantes Gesicht. Unverkennbar stammen die IVa5 aus Österreich ab. Die Lokomotivfabrik Krauss in Linz zeichnet für den äußerst gelungenen Entwurf verantwortlich. Mindestens fünf dieser Loks sind in Serbien, Bosnien und auch in Österreich betriebsfähig erhalten. (c)ÖBB/Posch

Markantes Gesicht. Unverkennbar stammen die IVa5 aus Österreich ab. Die Lokomotivfabrik Krauss in Linz zeichnet für den äußerst gelungenen Entwurf verantwortlich. Mindestens fünf dieser Loks sind in Serbien, Bosnien und auch in Österreich betriebsfähig erhalten.
(c)ÖBB/Posch

Weitere Loks sind notwendig

Mit den jugoslawischen Nachbauten aus der Lokschmiede Đuro Đakovi´c brachte es die IVa 5 auf stolze 182 Exemplare, die in über 45 Jahren gebaut wurden. Damit wurde sie zur am meisten und längsten gebauten altösterreichischen Schmalspurloktype.

Ab 1933 wurden die Loks bei der JDŽ als Reihe 83 bezeichnet und waren auf nahezu allen von den JDŽ (später JŽ) übernommenen und gebauten Strecken im Einsatz. Ihr Leistungsprofil entsprach optimal dem Einsatz auf den schmalspurigen Gebirgs- und Mittelgebirgsstrecken.

Drei weitere Loks der Reihe 83 wurden an die Šabacer Kreisbahn (´c 3) und an die Požarevacer Kreisbahn (´c 11 und ´c 12) geliefert und 1963 in JŽ 83-043, 83-021 und 83-035 – jeweils in Zweitbesetzung – umnummeriert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg forcierte Jugoslawien vor allem den Ausbau- und Neubau von Normalspurstrecken. Bis 1974 wurden nahezu alle Schmalspurstrecken eingestellt und von der „großen“ Eisenbahn ersetzt. Damit schien auch der Stern der 83er unweigerlich gesunken. In Banovi´ci in der Nähe von Tuzla hielten sich noch mehr als eine Handvoll 83er hartnäckig im Kohlebahnbetrieb bis in unsere Tage.

Selbst nach Österreich kamen mehrere 83er, wo sie heute noch teilweise in Betrieb erlebt werden können. Bei der Zillertalbahn versteckt sich hinter der ZB 4 die ehemalige JŽ 83-076, die bei Krauss in Linz im Jahre 1909 gebaute IVa 5 1108. Eine weitere 83, die 83-180, findet man in Weiz auf der Feistritztalbahn beim Club U 44 in Betrieb. Zahlreiche weitere Loks sind noch immer am Balkan als Denkmallokomotiven oder auch im Betrieb zu bewundern.

Wir bedanken uns bei Josef Pospischal und bahnmedien.at für die tatkräftige Unterstützung bei dieser Geschichte.

Dampflok IVa5

Baujahre: 1903–1949
Stückzahl: 185
Gewicht: 36 t bzw. 38 t
Höchstgeschwindigkeit: 35 km/h
Achsfolge: D1‘ n2v bzw. D1‘ h2


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