Eigentlich wäre Lisa-Marie Hager eine Karriere im Gastgewerbe vorgezeichnet gewesen. Die spätere Übernahme des elterlichen Gasthauses schien eine ausgemachte Sache zu sein, als sie nach dem Hauptschulabschluss in eine Höhere Schule für Gastronomie wechselte. Doch nach zwei Jahren zog sie die Notbremse:
„Das hat mich einfach überhaupt nicht interessiert.“
Irgendwie fehlte die Spannung. Nach eingehender Prüfung der Möglichkeiten war dann klar: Es sollte die Elektrotechnik sein. Einige Bewerbungen später begann für sie das Berufsleben bei uns – als einer von insgesamt rund 1750 Lehrlingen, die derzeit von den Bundesbahnen ausgebildet werden. Der Anteil der Mädchen in den technischen Lehrberufen bei der Bahn: Etwa 20 Prozent.
Statt Kochen und Servieren stand nun Feilen und Bohren am Lehrplan. Anlagen- und Betriebstechnik heißt das im Fachjargon.
Im ersten Jahr steht die Fertigung eines Schraubstockes am Programm – von der ersten bis zur letzten Schraube. Im zweiten Jahr kommen dann Schweißen und Drehen dazu, und im Elektrolabor müssen erste Schaltungen aufgebaut werden. Und im dritten Lehrjahr kommt dann endlich auch der Tag der Wahrheit: Außendienst auf den Bahnstrecken und Servicestellen.
„Man hat mich vor eine Anlage gestellt und gesagt, repariere das. Und da bin ich dann da gestanden. Und: Ich habe es geschafft. Ganz allein. Da war ich dann schon ein wenig stolz auf mich.“
Wie es nun weiter gehen soll, hat Lisa-Marie schon ganz genau geplant: „Nach dem Lehrabschluss möchte ich ein Zusatzmodul besuchen, die Eisenbahn-Betriebstechnik.“ Am Ende will sie große Verantwortung übernehmen: Sie will Fahrdienstleiterin werden. Die leiten auf ihrem Abschnitt den Zugverkehr: Wer wann auf welchem Gleis in welche Richtung fahren darf, wer umgeleitet wird, das wird auf sechs Monitoren mit Computerhilfe entschieden. Doch wenn es Probleme gibt, hat sie dann die letzte Entscheidung – nichts für schwache Nerven. Ihr Rat an Kolleginnen, die vor der Berufswahl stehen: Keine Tätigkeit wählen, die zwar offensichtlich passt, aber in Wahrheit unglücklich macht. „Auch, wenn das bedeutet, in einen typischen Männerberuf zu gehen, um glücklich zu werden“.