Moderne Bremsbauteile haben mit simplen Pneumatik-Ventilen nicht mehr viel gemeinsam. Entsprechend gefragt ist kompetente Wartung.Instandhaltung moderner Bremskomponenten ist ein lukratives Geschäft. Entsprechend umkämpft ist der Markt dahinter. Gab es früher eine große Vielfalt an Herstellern, findet man auf diesem Sektor heute nur mehr wenige, aber dafür ungleich größere Unternehmen.
Vollgestopft mit hochwertiger Elektronik
Gleichzeitig ist aber auch die Anzahl derer, die die mitunter hoch komplizierten Ventile aufarbeiten können, überschaubar. Einer der kompetenten Partner ist hierbei die Jedlersdorfer Ventilwerkstätte.
„Für Fahrzeughersteller ist ein Ventil oft der erste Bauteil, der nicht mehr zerlegt werden kann“, sagt der Jedlersdorfer Fertigungsleiter Leopold Polland. „Entsprechend endet die Fahrzeugdokumentation oft bei diesen Komponenten. Dann müssen wir uns selbst um die entsprechenden Unterlagen kümmern, was nicht immer ganz einfach ist.“
Moderne Ventile sind mit neuen Autos vergleichbar. Sie sind mit hochwertiger Elektronik vollgestopft. Und sie bewegen sich oft in derselben Preisklasse. So ist das Führerbremsventil einer 1216er- Taurus, das sogenannte MBS- Modul, nicht nur hochkomplex aufgebaut, es kostet auch an die 30.000 Euro.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in verstärkten Partnerschaften mit Herstellern oder anderen Bahnverwaltungen. Unsere “Technische Services” (TS) kann dabei aber ein großes Plus vorweisen: hohe Kompetenz und einen äußerst guten Ruf in der Branche.
So ist TS etwa ein gefragter Partner bei der Lok-Reihe 2016.
„Die Deutsche Bahn vertraut uns die Ventile dieser Lok-Type an, weil sie davon nur eine Handvoll haben“, sagt Polland. Im Gegenzug unterstützen die Deutschen TS bei manchen Teilen der Taurus-Flotte. „Es gilt, für beide Seiten einen passablen Kompromiss zu finden“, sagt Vertriebsleiter Peter Kobylik. Der Markt dieser zukunftsorientierten Produkte ist durch zahlreiche große und kleinere Bahnbetreiber wirklich interessant.
Zweihundert Ventile pro Tag
„Wir schließen uns daher immer öfter mit den Herstellerfirmen zusammen und sind dadurch auch weiterhin in der Lage, die modernen ÖBB-Fahrzeugflotten zu warten“, so Kobylik. Entscheidend sind dabei Kriterien wie maschinelle Anlagen oder Know-How und Kompetenz.
Aber auch Liefertreue und Qualität. Auch hier findet man TS im Vorderfeld. So wurden in Jedlersdorf im Vorjahr 40.752 Ventile aufgearbeitet. Das sind bis zu zweihundert Ventile am Tag.
Verblüffend ist, welche Kleinigkeiten oft über einwandfreie Funktion der sensiblen Pneumatik-Teile entscheiden, wie Leopold Polland erklärt: „Wir verwenden nur mehr Pinsel mit schwarzen Borsten. Denn verliert ein Pinsel eine davon, kann man dunkle Borsten in den Ventilen leichter erkennen.”
Nachdem ein Ventil in die Jedlersdorfer Werkstätte eingeliefert worden ist, beginnt auch schon die Aufarbeitung. Zuerst werden die Ventile in einer Waschmaschine unter Hochdruck und mit hoher Temperatur gewaschen. Anschließend werden sie in mühevoller Kleinarbeit in alle Einzelteile zerlegt. Das können je nach Ventil zwischen zehn oder 250 Teile sein. Sorgfältig wird darauf geachtet, keine Teile zu beschädigen oder zu verlieren. Akribisch werden die O-Ringe, Ventilstößel, Federn und Elektroteile nebeneinander aufgelegt und überprüft.
Fingerspitzengefühl gefragt
Während das Innenleben von Schmutz befreit wird, kommen die Elektroteile auf den Prüfstand. Dann geht’s auch schon wieder ans Zusammenbauen. Dichtungen werden aus Sicherheitsgründen stets zur Gänze, die restlichen Kleinteile nach Bedarf erneuert. Mit viel Fingerspitzengefühl werden die oft winzigen Teile wieder in die richtige Position gebracht. Auch beim Einbau muss darauf geachtet werden, keine der empfindlichen Teile zu beschädigen.
Ist das Ventil wieder zusammengebaut, kommt der spannendste Teil der Aufarbeitung. Um entsprechende Prüfläufe durchzuführen, sind in Jedlersdorf eigene rechnergestützte Prüfstände entwickelt worden. Für die Prüfung selbst wird das aufgearbeitete Ventil am Prüfstand montiert und werden alle notwendigen Einstellungen vorgenommen. Neunzig Schritte umfasst der gespeicherte Prüfablauf. Nach einer Prüfzeit von etwa einer Dreiviertelstunde steht fest, ob das Ventil einwandfrei funktioniert und die Werkstätte mit dem Prädikat „geprüft und frei“ verlassen kann.
INFOBOX
Ventilaufarbeitung
Egal ob Lokomotiven, Triebwagen, Reisezugwagen oder Güterwagen: Sämtliche Schienenfahrzeuge verfügen heutzutage über pneumatische Bremsen, die über verschiedenste Druckluftbauteile gesteuert werden. Sämtliche pneumatische Bremskomponenten unserer Fahrzeugflotten werden im TS-Werk Jedlersdorf aufgearbeitet.
Anzahl verschiedener Ventiltypen: 162
Gesamtanzahl aller Druckluftventile der ÖBB-Fahrzeugflotten: ca. 120.000 St.
Aufarbeitungsmenge: ca. 41.000 St. pro Jahr/ca. 3.000–4.500 St. pro Monat/ca. 800–1.000 St. pro Woche
Mitarbeiteranzahl: 51 MitarbeiterInnen, verteilt auf drei Teams
Häufigste Ersatzteile: Elastomere-Teile wie O-Ringe oder Dichtungen sowie Ventilstößel samt Gummieinlagen
Betriebsdruck der Ventile: 5 oder 8 Bar, Sicherheitsventile bis zu 12 Bar
Planmäßige Einsatzzeit: sechs Jahre bei Ventilen von Lokomotiven, Triebwagen und Reisezugwagen bzw. zwölf bis 16 Jahre bei Ventilen von Güterwagen
Weitere Aufgabengebiete: Entwicklung, Bau und Montage von Funk- bremsprobeständern (derzeit stehen 206 St. in ganz Österreich im Einsatz) sowie mobilen Bremsprüfgeräten