Mehr als 260 Mio. Fahrgäste und 110 Mio. Tonnen Güter legen jährlich rund 150 Mio. Kilometer auf dem Schienennetz der ÖBB-Infrastruktur zurück. Das entspricht zehn Erdumkreisungen pro Tag. Damit jede dieser Fahrten auch weiterhin sicher und störungsfrei abläuft, ist der Ausbau der Betriebsführungssysteme erforderlich. Hier erfahrt ihr, wie das funktionieren kann.
Moderne Betriebsführung
Die automatisierte, rasche und gesicherte Betriebsführung in den fünf Betriebsführungszentralen (BFZ) macht es heute schon möglich, dass FahrdienstleiterInnen effizient Züge in hoher Dichte über größere Streckenbereiche gezielt steuern und disponieren.
Viele Systeme sind bereits automatisiert. Beispiele dafür sind die Zuglenkung, Zugsicherungssysteme oder die Trassenplanung. Jetzt könnten einige meinen, das vollautomatisierte Triebfahrzeug gibt es schon in einigen Städten bei der U-Bahn. Warum fährt man also nicht auch gleich bei den ÖBB ohne TriebfahrzeugführerInnen? Und genau hier unterscheiden sich die Systeme sehr stark. Es ist zwar richtig, dass es U-Bahnen gibt, die fahrerlos betrieben werden. Im Gegensatz zum Schienennetz der ÖBB handelt es sich hier aber meist um geschlossene Systeme. Bei uns gibt es Eisenbahnkreuzungen, frei zugängliche Gleisanlagen, Güter- und Personenverkehr, grenzüberschreitenden Verkehr und viele weitere Unterschiede, die das System Bahn in dieser Hinsicht weitaus komplexer machen.
Man darf dies auch nicht mit dem selbstfahrenden Auto vergleichen. Damit das System Bahn weiterhin so sicher bleibt wie es ist, muss der gänzlich automatisierte Fahrbetrieb alle möglichen Betriebssituationen abdecken. Es wird aus heutiger Sicht einige Zeit vergehen, bis man den Fahrbetrieb vollkommen automatisiert durchführen kann. Wir arbeiten bereits intensiv daran Technologien bereitzustellen, um den Automatisierungsgrad in naher Zukunft noch weiter zu erhöhen.
Unterstützung durch Technik
Es gibt bei den ÖBB schon viele Projekte, die in den automatisierten Eisenbahnbetrieb einzahlen. Die Bandbreite reicht von der automatischen Fahrempfehlung, bei der das System Vorschläge zur idealen Geschwindigkeit digital an den Führerstand per SMS weitergibt, über Zuglokalisierung mittels Satelliten (Projekt Greenlight) bis hin zur adaptiven Zuglenkung und zum automatischen Verschub.
Die Zugbeobachtung wird bereits von technischen Einrichtungen, den sogenannten Zuglaufcheckpoints (ZLCP), durchgeführt. Sie unterstützen die traditionelle visuelle Beobachtung und Inspektion des rollenden Materials durch unsere MitarbeiterInnen und erhöhen somit die Sicherheit des Gesamtsystems. Dabei wird während der Fahrt eines Zugs der Zustand des Fahrzeugs und des Wagenmaterials digital erfasst.
Die neuen ZLCP-Standorte, wovon bereits acht Zuglaufcheckpoints im betrieblichen Probebetrieb sind, werden mit den rund 260 bestehenden Heißläuferortungsanlagen (Anlagen zur frühzeitigen Erkennung stark erhitzter Radsatzlager) ein gesamtheitliches Netz für die automatisierte Zuglaufüberwachung bilden.
Die Schaltstationen vor Ort sammeln alle Messdaten und senden diese an die ZLCP-Zentrale. Dort werden die Daten dann verarbeitet. FahrdienstleiterInnen in den Betriebsführungszentralen (BFZ) erfahren sofort von etwaigen Abweichungen oder Gefahren und leiten Maßnahmen ein. Die an den Standorten erfassten Messdaten werden in Echtzeit an unsere Kunden, die Eisenbahnverkehrsunternehmen, übermittelt.
Das System Zuglaufcheckpoint steht für innovative Messtechnik. Es bringt uns dem Ziel, effizientester und sicherster Bahninfrastruktur Betreiber Europas zu werden näher.
ETCS – European Train Control System
ETCS ist ein weiteres Beispiel für die Automatisierung im Bahnbetrieb. Hier handelt es sich um ein komplexes, technisches Zugsicherungssystem, welches die automatisierte Kommunikation zwischen Infrastruktur und Fahrzeug ermöglicht. Die digitale Bahntechnologie erlaubt es, dass auf der einen Seite die Anzahl der Züge und auf der anderen Seite die Sicherheit auf den Strecken der ÖBB-Infrastruktur erhöht werden kann. Optische Signale entlang der Strecke sind also mit ETCS im Regelbetrieb theoretisch nicht mehr erforderlich, denn die Kommunikation erfolgt über Systeme.
ETCS überwacht
- die örtlich zulässige Höchstgeschwindigkeit
- die zulässige Höchstgeschwindigkeit des Zugs
- die korrekte Einhaltung der für den Zug festgelegten Fahrstraße
- die Fahrtrichtung im Fahrzeug (Rückrollüberwachung)
- die Eignung des Zuges für die Strecke
Neben dem Sicherheits- und Effizienzaspekt trägt ETCS wesentlich zur Vereinfachung des grenzüberschreitenden Schienenverkehrs bei und öffnet damit neue Wege für die Zukunft des Bahnfahrens.
Europaweite Zusammenarbeit
Das Zukunftsthema „automatisierte Eisenbahn“ betrifft nicht nur Österreich, sondern auch den europäischen Bahnverkehr. Ziel ist es, künftig „grenzenlos“ durch Europa zu fahren, ohne dabei auf technische Barrieren zu treffen. Aus diesem Grund kooperieren die ÖBB mit der Schweizerischen Bundesbahn (SBB). So soll etwa das Projekt „SmartRail 4.0“ durch neuartige Technologien die Außenanlagen (Signale, Stellwerke usw.) und somit hohe Produktionskosten reduzieren. Auch das ÖBB-Navigationssystem „Greenlight“, das metergenaue Positionsbestimmungen selbst in Tunnel oder engen Tälern liefert, soll in Zusammenarbeit mit der SBB ausgebaut werden.
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